“...und haben fast die Sprache in der Fremde verloren”
...“Ein Zeichen sind wir, deutungslos/Schmerzlos sind wir und
haben fast/Die Sprache in der Fremde verloren.”
Diese Verse sind von Hölderlin. Er hat sie geschrieben, als er
sich das Griechische aneignete, und hat damit das Grundgefühl
eines Menschen ausgedrückt, der in einer fremden Sprache
gefangen ist.
In Klängen, Gesten und Logiken leben, die mit
dem Kindes-Ich nichts mehr zu tun haben. Die Nächte: Mutter-
sprachtraum; die Tage: Fremdsprachwirklichkeit. Zwischen zwei
Sprachen geraten, bleibt uns nur das Schweigen oder ein
Redeschwall in irgend einer erfundenen Sprache, ein Gramelot,
wie bei den Kindern, wenn sie englisch nachahmen. Den
Kindern werden die Fehler nicht verbessert, weil ihr Gramelot
keine Sprache ist. Dem Fremden werden die Fehler nicht
verbessert, weil er eben ein Fremder ist, weil es bei ihm ja
keine Rolle spielt; noch schlimmer: man spricht ihn schon
fehlerhaft an. Verliert er auch noch seine Verbindung zur
Muttersprache, wird er immer mehr sprachlos, besitzt nur einige Sätze, die ihm das Überleben ermöglichen. Ein angenehmer
Fremder, dieser Fremde. Er wird sich nicht wehren können...
(Aus: vbg journal, Bern, November 2001)