Acht Lesungen

  mit Adelbert-von-Chamisso-Preisträgerinnen und -Preisträgern der Robert Bosch Stiftung



Fremd sein...
 

Yoko Tawada Perkussion: Ryo Fukuhara
Einführung
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Professor Pröpstls Puppentheater, Samstag, 12. 02. 05

 
Marica Bodrozic
Yoko Tawada
Adel Karasholi
Zehra Çirak
Selim Özdogan
Vladimir Vertlib
Catalin D. Florescu
Francesco Micieli



Vorwort
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Ihre Gedanken ändern sich mit der Sprache

Aspach – „Fremd sein . . .“ ist der Titel einer achtteiligen
Reihe von
Lesungen in Professor Pröpstls Puppentheater in
Aspach. Gregor Oehmann hat sie
zusammen mit dem Kunst-
verein Aspach und unterstützt von verschiedenen
Sponsoren
auf die Beine gestellt. Besonders stolz war er, als Star der
Reihe
die international anerkannte Schriftstellerin Yoko Tawada
präsentieren zu
können.

Yoko Tawada wird mit Preisen überhäuft. Sowohl in ihrem Ge-
burtsland Japan als
auch in Deutschland – die promovierte
Germanistin lebt seit mehr als zwanzig
Jahren in Hamburg.
Ihre aktuelle Lesereise führte sie zwischen New York, Frank-
reich, Japan, den baltischen Ländern und Hongkong nun nach
Aspach.

Die Palette ihres Schaffens ist groß: Gedichte, Essays, Erzähl-
ungen und
Theaterstücke. Erste Erfolge feierte sie Ende der
80er Jahre in Deutschland,
damals noch mit Übersetzungen aus
dem Japanischen. Längst ist sie auch in
ihrem Heimatland
etabliert und gilt als eine der derzeit renommiertesten Künst-
lerinnen des Landes. Heute schreibt sie zweisprachig, meist
parallel.
„Die Gedanken“ sagt sie, „sind in beiden Sprachen
nicht die gleichen“. So
einfach ist das. Viele Werke sind so ent-
standen. Sie tragen Titel wie
„Hundebräutigam“, „Fersenlos“
oder „Das nackte Auge“. Der letzte ist nun
übersetzt in beiden
Ländern erschienen, denn dieses Mal hatte sie in beiden
Spra-
chen die gleiche Idee. Gut so. Man mag sich gar nicht vorstel-
len, was
einem sonst entgeht. Eine Ahnung davon erhält man,
wenn sie Gedichte auf
japanisch liest. Oder nur teilweise über-
setzt.
Ihre Geschichten handeln von der Sprache, von Menschen
und ihren Kulturen
sowie von den Gefühlen im Umgang mit der
Sprache. Meist erzählt sie mit einer
großen Portion Humor. So
kämpft sie in „Der Apfel und die Nase“ mit ihrem
Computer,
den sie dazu bringen will, ihre japanischen Gedanken wieder-
zugeben.
Manchmal kommentiert sie gar nicht. Ihr chinesisches
Wörterbuch stellt
chinesische Übersetzungen den deutschen
Wörtern gegenüber. Dazu gibt es nichts
zu sagen. Ihre Ge-
schichten über Kultur und Leben in fremden Ländern dagegen
erzählen realistisch, aufmerksam und sehr detailliert. Sachlich,
niemals
kritisch. Und mit einer großen Beobachtungsgabe.
Tawada untersucht das Fremde
und experimentiert damit. Un-
belastet und neutral. Dabei äußerst persönlich und
mit einer
sprachlichen Virtuosität, die man sonst höchstens von einem
Muttersprachler erwartet. Sie beherrscht die Sprache, spielt mit
ihr und zeigt
dies in köstlichen Vergleichen. So spricht sie von
ihrer „körperlichen Abscheu
gegen den Verneinungs-Genitiv“.
Sie personifiziert Worte. Personen wie die
Ich-Erzählerin aus
„Das nackte Auge“, eine junge vietnamesische Schülerin auf
Besuch im Ostteil von Berlin, sind dabei fiktiv.

Ryo Fukuhara an der Marimba

Tawadas Betrachtungsweise von Menschen und ihren Kulturen
geht weit über die
Toleranz hinaus, sie ist völlig unvoreinge-
nommen. Fast wie bei einem Kind.

Begleitet wurde Tawada in Aspach von dem jungen und nicht
minder erfolgreichen
japanischen Perkussionisten Ryo Fukuhara,
der eine 2,50 Meter lange Marimba
spielte. Auch er hat in Japan
und in Deutschland studiert und ist in
nationalen und inter-
nationalen Orchestern gefragt. Er präsentierte Werke aus Euro-
pa, speziell bearbeitet für dieses Instrument.

Ermöglicht wurde die Lesereihe mit Adelbert-von-Chamisso-
Preisträgern neben
vielen privaten Spenden durch Förderungen
der Robert-Bosch-Stiftung, die seit
dem Jahr 1985 den
Chamisso-Preis vergibt, der LBBW-Stiftung und Freunden des
Theaters Professor Pröpstl.


(Backnanger Kreiszeitung, 16.02.2005)