Acht Lesungen mit Adelbert-von-Chamisso-Preisträgerinnen und -Preisträgern der Robert Bosch Stiftung |
Fremd sein...
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Marica Bodrozic |
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"Die Zukunft bestand aus drei Buchstaben"
Der Himmel ist Magie, sagt sie und guckt und guckt ihn sich Aspach "Fremd sein . . .", heißt die Lesereihe, die in Professor Pröpstls Puppentheater präsentiert wird. Acht Autoren, die in verschiedenen Kulturen, mit verschiedenen Muttersprachen aufgewachsen sind, aber in deutscher Sprache schreiben, lesen aus ihren Werken. Den Auftakt bildete die aus Dalmatien stammende Marica Bodrozic mit einem Ausschnitt aus ihrem Roman "Der Spieler der inneren Stunde" und aus ihrem preisgekrönten Erzählband "Tito ist tot." Als Zehnjährige verließ die 1973 in Jugoslawien geborene Autorin Marica Bodrozic ihre Heimat und siedelte nach Deutschland über. In ihrem ersten Roman "Der Spieler der inneren Stunde" beschreibt sie in bildhafter Sprache ihre Erfahrungen. Der Roman ist autobiographisch, aber Bodrozic weist darauf hin, dass Erinnerungen trügen können. "Viele Dinge haben sich dem Schreiben gefügt." Die Handlung beginnt mit dem Abschied von der Heimat. In wenigen Tagen wird Jelena Felder mit ihren Eltern und Geschwistern Dalmatien verlassen. "Aber welches Gedächtnis hat der Abschied, welche Farbe, welchen Geruch?" formuliert die Autorin. Das Gefühl von Abschied beinhaltet aber auch Vorfreude auf das Neue, das Unbekannte. Jelena würde mit dem Zug fahren. Bisher hatten die Kinder geglaubt, Züge würden nur für Filme gebaut. In ihrem Dorf gab es keinen Bahnhof. Bisher waren sie immer mit dem Bus gefahren. "Die Zukunft bestand aus drei Buchstaben: Z-U-G." Auf eindrucksvolle Weise gelingt es der Autorin, Bilder ihrer Heimat zu vermitteln. Es ist vor allem das Spiel mit der Sprache, das den Reiz des Romans ausmacht. "Ich lasse mich von der Sprache tragen", drückt es Marica Bodrozic aus. "Wenn ich schreibe, ist das Erleben." Ihren Roman kann sie bei der Lesung leider nicht auf einem Büchertisch präsentieren. Das Buch wurde noch nicht ausgeliefert und erscheint erst im Februar im Handel. Im Anschluss an ihren Roman liest die in Berlin lebende Autorin "Der Lilienliebhaber" aus dem Erzählband "Tito ist tot", der 2002 im Suhrkamp Verlag erschienen ist. Sie erhielt dafür den Adelbert-von-Chamisso-Preis. Der Band ist ein Zyklus aus 24 Erzählungen. "Der Lilienliebhaber", die erste Erzählung in dem Band, handelt davon, wie Menschen sich verhalten, wenn ihnen Schönheit begegnet, erläutert die Autorin. Aber es ist auch eine Geschichte von Unverständnis und Missgunst. Ein Lilienliebhaber züchtet in seinem Garten eine noch nie gesehene Blumenpracht an Lilien. "Sie tanzten auf einer Bühne ohne Horizont", beschreibt es die Autorin. Er spricht mit seinen Blumen, nennt sie beim Namen, umgarnt sie und erntet bei den Dorfbewohnern dafür nur Argwohn und Unverständnis. Als "unheimlichen Zustand" empfinden sie sein Verhalten, als "Lilienplage" die Blumenpracht. Als der Lilienliebhaber bettlägerig wird, lassen die Dorfbewohner ihrem Hass freien Lauf und "töten" die Lilien. Der Blumenliebhaber lebt noch viele Jahre zurückgezogen in seinem Haus. "Man sagt, die Erinnerung an die Lilien habe ihn am Leben gehalten." Es ist die poetische Sprache, die die Zuhörer in Professor Pröpstls Puppentheater in den Bann zieht. Marica Bodrozic versteht es hervorragend, mit Worten umzugehen. In ihrer Muttersprache Kroatisch schreibt sie nicht. "Mit der deutschen Sprache bin ich ein lyrisches Wesen geworden", sagt sie. "In der deutschen Sprache bin ich zu Hause." Die nächste Lesung in Professor Pröpstls Puppentheater im "Löwen" in Großaspach aus der Reihe "Fremd sein . . ." findet am Samstag, 12. Februar, um 20 Uhr mit Yoko Tawada statt. Backnanger Kreiszeitung vom 26.01.2005 |
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